Asseln - Sein werden und Wandeln
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Nun wollen wir uns wieder unserem Ort Asseln zum Zeitpunkt der Machtübernahme der Preußen 1802 zuwenden:
Umwälzende Neuordnungen erfolgten nach Aufgabe der Kirchlichen Macht Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Fürstbistum Paderborn wurde zunächst den ursprünglich ungeliebten, weil evangelischen Preußen zum Ausgleich für die linksrheinisch an Frankreich abzugebenden Gebiete zugeschlagen. Am 3. August 1802 marschierte der preußische General L`Estocq - im Vorgriff auf den erst 1803 formal beschlossenen Zuschlag an Preußen, den sog. „Reichsdeputationshauptschluß“ - mit 1.500 Soldaten in Paderborn ein und übernahm schon einmal die Macht vom Fürstbischof Franz Egon von Fürstenberg.
Wenige Jahre später erfolgte die militärische Niederlage Preußens gegen Frankreich, Asseln wurde dem Canton Lichtenau zugehörig Bestandteil des Königreiches Westfalen. Jerome Bonaparte, der Bruder Napoleons, herrschte einige Jahre in Kassel.
Auf dem Höhepunkt seiner Macht und zur Absicherung seiner politischen Interessen schuf Napoleon Bonaparte im Jahr 1807 aus bisher preußischen, hannoverschen, braunschweigischen und hessischen Gebieten dieses „Königreich Westphalen“. Dieser Staat war völlig nach dem Modell Frankreichs organisiert und sollte den mit Frankreich verbündeten und im Rheinbund zusammengeschlossenen deutschen Staaten als Vorbild für grundlegende Reformen dienen. Die Einteilung dieses Königreichs erfolgte in acht Departements und 27 Bezirke wie folgt: Departements der Elbe (mit den Bezirken Magdeburg, Neuhaldesleben, Stendal und Salzwedel); Departements der Fulda (mit den Bezirken Kassel, Höxter und Paderborn); dem Departements des Harzes (mit den Bezirken Heiligenstadt, Duderstadt, Nordhausen und Osterode); Departements der Leine (mit den Bezirken Göttingen und Eimbeck); Departements der Oker (mit den Bezirken Braunschweig, Helmstedt, Hildesheim und Goslar); Departements der Saale (mit den Bezirken Halberstadt, Blankenburg und Halle); Departements der Werra (mit den Bezirken Marburg, Hersfeld und Eschwege); Departements der Weser (mit den Bezirken Osnabrück, Minden, Bielefeld und Rinteln).
Im Russlandfeldzug 1812/1813 bezog Napoleon eine vernichtende Niederlage. 7 junge Männer aus Asseln wurden in die westfälische Armee gepresst, keiner kehrte zurück.
Das Königreich Westphalen brach nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 bereits wieder zusammen.
1815 hielten dann endgültig die Preußen Einzug in Westfalen. Auf dem Wiener Kongreß wurde Preußen, das Ostwestfalen seit 1609 - mit Ausnahme des selbständigen Kleinstaates Lippe - stückweise in Besitz genommen hatte, in zehn Provinzen und 25 Regierungsbezirke gegliedert, darunter die Provinz Westfalen mit den drei Regierungsbezirken Münster, Arnsberg und der "Regierung im Weserlande zu Minden".
Am 01. August 1816 nahm als erster Regierungspräsident Karl Freiherr von der Horst mit 79 Beamten im Mindener Domhof seinen Dienst als Verwaltungschef des neuen Regierungsbezirks Minden auf. Erst nach dem 2. Weltkrieg wechselte der Sitz der Bez.Reg. im Zuge der Angliederung von Lippe an Nordrhein-Westfalen nach Detmold.
Wie die Lebensverhältnisse in jener Zeit gewesen sind darüber gibt uns ein Bericht des Dr. med. Wilhelm Ruer aus dem Jahr 1837 Auskunft.
W. Ruer war Direktor der „Irren, Heil- und Pflegeanstalt für die Provinz Westphalen“ und untersuchte in dieser Funktion die „medicinisch-topographischen“ Verhältnisse der Region, unterteilt in die einzelnen Kreise. Asseln, zum Kreis Büren gehörig, ist selbst nicht erwähnt, aber zur Veranschaulichung und Verdeutlichung der Situation der Menschen in unserem Raum sollen die Worte des Dr. Ruer für den Kreis Büren hier einmal wiedergegeben werden:
Nahrungsmittel und Kleidung:
Nahrung in den höheren Gegenden gesund und hinreichend, in den Niederungen schlechter, besonders viel Mehlbrei von Buchweizen. Überall fast nur Vegetabilien, meist Brot und Gemüse, unter diesen besonders Kartoffeln. Fleisch wird wegen Armut nicht viel genossen. Milch und Butter wegen Mangel an Wiesen und Futter nicht viel gewonnen. Bier wenig getrunken, desto mehr Branntwein.
Beschaffenheit der Gebäude:
Diese meist schlecht, dumpfig, niedrig, unreinlich. Die Wohngebäude enthalten auch die Wirtschaft, dass Vieh und die Früchte, nur in den wenigen Städten ist es etwas besser.
Nahrungsstand und Erwerbsquellen:
Im steinigen Teil meist Ackerbau, ebenso im Lehmboden. Im Torfgrunde viel Flachs- und Hanfanbau. In der letzten Zeit im allgemeinen Zunahme der Armut. Der Ackerbau, die Haupterwerbsquelle, ist wegen des schlechten Bodens wenig lohnend, keine Fabriken, viele Tagelöhner gehen im Sommer nach Holland und ins Bergische.
Sittlichkeit:
Im ganzen gut.
Volksbelustigung:
Jährlich einige Tanzgelage und sonntägliche Besuche der Krüge.
Erziehung und Schulunterricht:
Der Unterricht wird sehr regelmäßig besucht und ist ohne Tadel.
Religiöser Unterricht und dessen Folgen aufs Leben:
Religiöse Bildung gut, Schwärmerei nirgends.
Beschaffenheit der Kirchen und Schulen:
Schulen geräumig, freundlich und gesund.
Uneheliche Geburten:
Im Durchschnitt auf 20 Geburten eine uneheliche
Selbstmord:
Nicht häufig, in 10 Jahren 5 mal
Verbrechen:
Selten.
Das Schul- und Gesundheitswesen sowie das Gerichtswesen wurde nach der endgültigen Übernahme durch die Preussen organisiert, der Straßenbau vorangetrieben, die Orte wurden gezwungen, ab 1818 ein Chronik zu führen.
Zur Gerichtsbarkeit:
Das Fürstbistum Paderborn wurde im Jahr 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß zunächst als Provinz Paderborn Teil der preußischen Staaten. In Paderborn befanden sich zu dem Zeitpunkt 3 Obergerichte: Die Regierung, das Officialamt und das Hofgericht. Die Zuständigkeiten untereinander waren verschachtelt und verwickelt. Neben diesen gab es aber auch noch eine Vielzahl von Untergerichten, so die konkurrierenden Patrimonialgerichte, also Gerichte die von alters her den Adeligen oder Klöstern zustanden, mit buntscheckiger Zuständigkeit. Die Preußen strafften diese unübersichtliche Struktur und führten ausschließlich die Amtsgerichte als untere Ebene ein. Lichtenau und damit Asseln gehörten zunächst nicht zu den Gerichtsständen, hier gab es sog. Gerichtstage von Paderborn aus. Diese Gerichtstage erfreuten sich großer Beliebtheit so dass zunächst die Angelegenheiten, die dort verhandelt werden konnten, reglementiert wurden. 1839 gab es dann eine Reform der Struktur, Lichtenau erhielt ein eigenes Amtsgericht. Die Brüningschen Notverordnungen von 1932 führten dann zur Aufhebung des Gerichtsstandortes.